Sie ist nicht nur eine Reitlehrerin – sie ist eine Philosophie

Es war im Frühjahr 2004, als ich Nancy verzweifelt anrief. Ich hatte meinen 4jährigen Vollblutaraber mit Hilfe einer Reitlehrerin angeritten. Beim geringsten Erschrecken drehte er jedoch ab und raste im Renngalopp los – natürlich ohne mich, denn ich lag daneben. Und dann kam die Angst. Angst, im Schritt in der Halle zu reiten, was aber noch viel schlimmer war, Angst, ihn niemals wieder unverkrampft reiten zu können. Obwohl Nancy fast 100 km entfernt wohnt, bat ich sie, sich das Pferd anzusehen.

Schon bei ihrer ersten Begegnung mit dem Pferd wusste ich, dass ich nun regelmäßig mit ihr „arbeiten„ wollte. Wir haben mit sehr viel Bodenarbeit angefangen, sie hat mich von unten gelehrt, die Körpersprache zu lesen – und meinen Körper einzusetzen. Kein lautes Wort, kein Gezerre am Pferd, aber ruhige und sanfte Konsequenz. Und das haben wir dann auf das Reiten übertragen. Nancy lehrt nicht das, was man von den „klassischen Reitlehrern„ erwartet, nämlich korrekte Handhaltung, Hacken runter etc. Viel mehr hat sie mich gelehrt, mein Pferd zu spüren, mit ihm auf leiseste Art zu kommunizieren, hinzufühlen, in Harmonie mit dem Pferd zu sein. Manchmal ist Nancy mein Pferd geritten und was ich sah, konnte ich kaum glauben. Ruhig, weich, trotzdem aufmerksam und freudig bewegte er sich unter ihr. Da war kein Gezerre am Zügel, kein Drücken und kein Ziehen, es war einfach nur Harmonie.

Heute sind fast 1,5 Jahre vergangen und ich kann manchmal gar nicht glauben, was wir in dieser relativ kurzen Zeit erreicht haben. Ich habe unendlich viel von ihr gelernt. Nein, keine Techniken, keine mechanischen Abläufe, sondern ich habe gelernt, wie komplex dieses Lebewesen Pferd ist, dass es eben auch mal gute und schlechte Tage hat, dass man sich an kleinen Schritten freuen kann. Ich habe bei ihr gelernt, dass das Pferd auf leiseste, fast unsichtbare Hilfen reagiert. Ich habe lernen können, was Harmonie mit dem Pferd bedeutet…

Das erste, was auffällt, wenn man Nancy mit Pferden sieht, ist, wie viel Respekt sie diesen Tieren entgegenbringt. Sie vermittelt ihr scheinbar unendliches Wissen über Pferde. Ihr Unterricht ist niemals lehrmeisterhaft, sondern klar und bildlich. Sie bietet keine hausgemachten Lösungen, sondern erörtert mit ihren Schülern Lösungsmöglichkeiten und Ideen. Ihr Unterricht ist vielseitig und kreativ.

Nancy verkörpert keine Reitweise und keine Reitlehre. Sie ist nicht angelehnt an Dogmen. Ihr Ziel ist feinste Kommunikation, mit leisesten Hilfen, leichtes, unverkrampftes Reiten in Harmonie mit der Natur Pferd. Und wer darüber hinaus noch Spaß hat, seinem Pferd Lektionen am Boden beizubringen, ist bei ihr auch in den allerbesten Händen.

Sie ist eben nicht nur eine Reitlehrerin – sie ist eine Philosophie.

August 2005

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